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Medientipp Juli 2024

Colum McCann: Apeirogon

Rowohlt, 2020

Verlagstext: Aus dem Englischen von Volker Oldenbourg. Rami Elhanan und Bassam Aramin sind zwei Männer. Rami braucht fünfzehn Minuten für die Fahrt auf die West Bank. Bassam braucht für dieselbe Strecke anderthalb Stunden. Ramis Nummernschild ist gelb, Bassams grün. Beide Männer sind Väter von Töchtern. Beide Töchter waren Zeichen erfüllter Liebe, bevor sie starben. Ramis Tochter wurde 1997 im Alter von dreizehn Jahren von einem palästinensischen Selbstmordbomber vor einem Jerusalemer Buchladen getötet. Bassams Tochter starb 2007 zehnjährig mit einer Zuckerkette in der Tasche vor ihrer Schule durch die Kugel eines israelischen Grenzpolizisten. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen symmetrisch. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen asymmetrisch. Rami und Bassam sind Freunde. Apeirogon: eine zweidimensionale geometrische Form mit einer gegen unendlich gehende Zahl von Seiten. Während "Apeirogon" nach und nach seine nahezu unendlichen Seiten auffächert und die beiden Männer in seiner Mitte rahmt, entfaltet sich der Palästinakonflikt in seiner ganzen Historie und Komplexität.

Meine Meinung: Ein erschütterndes Buch, das Mut macht! Rami und Bassam, die ich persönlich 2013 kennenlernen durfte, sind zwei Menschen, denen das Schlimmste widerfahren ist, was man sich vorstellen kann: Ihre Töchter wurden getötet, Opfer in einem Konflikt, in dem die beiden Väter eigentlich auf verschiedenen Seiten stehen, die aber die Kraft und den Mut haben zu sagen, dass das Töten enden muss und das nur passieren kann, wenn man verzeihen kann und begreift, dass ein Menschenleben ein Menschenleben ist und jedes das gewaltsam beendet wird, ggf. neue Opfer nach sich zieht. Beide erzählen ihre Geschichte, die sich im Buch aufeinander zu bewegen. Authentisch, kraftvoll, erschütternd und Mut spendend.

Uta Mach, Bibliotheksleiterin

 

Medientipp Juni 2024

COCO – Lebendiger als das Leben!

Disney & Pixar 2017

Kurzer Inhalt:

Der kleine Miguel hat einen großen Traum. Er will ein erfolgreicher Musiker werden, genauso wie einst sein Großvater Ernesto de la Cruz. Doch der hat damals seine Frau verlassen, also hat die Musik in seiner Familie nicht gerade einen hohen Stellenwert. Eines Tages findet Miguel die Gitarre seines Großvaters in einer Kapelle. Als er sie zu spielen beginnt, öffnet sich ihm ein Tor zur Unterwelt und zur Musik.

Meine Meinung:  Señoras y Señores! Einmal gesehen und ich war hin und weg.

Großartige Charaktere, tolle Musik und eine unfassbar schöne Story.

Dieser Film macht einen noch mehr bewusst wie wichtig Familie ist und das man seine Träume verwirklichen kann. Ich zitiere „Nutze deinen Augenblick!“.

Julia Hellmich, Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste

 

Medientipp Mai 2024

Scheerer, Jana: Die Rassistin

Schöffling & Co, 2024

Ein Riesenchaos, ein akademischer Shitstorm, durch einen kurzen Moment der fehlenden Reflexion. Die Protagonistin Nora Rischer, eine Berliner Germanistikdozentin, beweist das „Zerdenken“ par excellence: Sie wollte doch nur ihren chinesischen Studierenden einen Deutschkurs empfehlen… und gerät dadurch in die Spirale eines Rassismusvorwurfs. Der Roman von Jana Scheerer liest sich wie eine Collage der Eventualitäten unterschiedlicher Meinungsmacher*innen, ein Eiertanz der Diskussionkultur in Kommentarspalten. Alle wollen sich äußern, auch Leute die gar nicht dabei waren. Alle haben eine gefestigte Meinung: Kolleg*innen, Studierende, Freund*innen, die Leitungsebene, die Presse, die Lektorin und selbst das Nachbarskind. In Rischers Kopf beginnt eine eigene kritische Zerreißprobe zwischen Schuldbewusstsein einer weißen CIS-Frau und innerer „good will“-Überzeugung einer queeren Linksliberalen.

Diskriminierung ist immer die Wirkung, nicht unbedingt die Absicht einer Botschaft.

(Erik und Malte, als Protagonisten einer bekannten Karikatur, kommen auf Seite 147 ebenfalls zu Wort, Augenhöhe ad absurdum. Sehr amüsant! )

Anni Steinhagen, Referentin für Interkulturelle Öffnung

 

Medientipp April 2024

Biskin, Nadire: Ein Spiegel für mein Gegenüber

Dtv, 2022

Verlagstext: Kann aus zwei halben Heimaten eine ganze werden? »Lesen Sie dieses Buch, wenn Sie Gefühle haben. Oder wenn Sie Gefühle haben wollen. Lesen Sie einfach dieses Buch. Ich wünschte, Nadire Biskin würde nie aufhören zu

erzählen.« Mareice Kaiser

Huzur ist bei ihrer Cousine in der Türkei auf Zwangsurlaub - in Berlin hat man sie bis auf Weiteres vom Referendariat suspendiert. Wenigstens verschafft ihr das "Kopftuchgate" viel Zeit zum Nachdenken. Doch zurück in Berlin überschlagen sich noch am Abend ihrer Ankunft die Ereignisse - Huzur liest die verwahrloste zehnjährige Hiba auf, ein syrisches geflüchtetes Mädchen ohne Familie, und plötzlich muss sie sich kümmern - um ein fremdes Kind und um ihr eigenes Leben. Denn wie viel Verantwortung kann und will sie, die Aufsteigerin aus Wedding mit türkischen Wurzeln, übernehmen?

Meine Meinung: Die Heldin des Buches ist wie die Autorin Lehrerin, Huzur allerdings erst auf dem Weg dahin im Referendariat. Sie hat türkische Wurzeln und fühlt sich nirgendwo ganz zu Hause, in der Türkei ist sie die Deutsche in Deutschland die Fremde, die Andersaussehende, die Türkin, auch wenn sie als erste in ihrer Familie studiert. Als sie es eher aus Protest wagt, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen, wird sie suspendiert und flieht in ihre türkische Heimat, um zu sich zu finden. Das Buch ist sprachlich sehr dicht. Vieles passiert zwischen den Zeilen. Es geht um die eigene Identität, das Bedürfnis in einer weiß geprägten Gesellschaft nicht aufzufallen oder gar anzuecken, ein Spiegel für das Gegenüber zu sein. Durch Hiba wird das Problem vielfach potenziert. Die Geschichte wird vorsichtig erzählt, manchmal amüsant, oft in Andeutungen und mit Leerstellen, so wie sich Huzur auch nicht traut, ihren Gefühlen und Überzeugungen Ausdruck und Kraft zu geben, da sie immer mit Vorurteilen und Verurteilung rechnet.

Ein Buch, das berührt.

Uta Mach, Bibliotheksleiterin

Medientipp März 2024

Maggi Stiefvater: The Raven Boys Reihe

Knaur
Verfügbar in der Onleihe

Was ist noch spannender als sich vorzustellen, dass es eine fiktive Welt mit Wundern gibt? Richtig, sich vorzustellen, dass es in der echten Welt Wunder und Geheimnisse gibt, von denen wir bisher nichts gewusst haben.

Geschichten, in denen in unserer Welt magische und mystische Ereignisse geschehen und es um Menschen mit besonderen Kräften ich gerne. Deswegen empfahl meine Freundin mir die „Raven Boys“- Reihe und sie traf genau ins Schwarze.

Geheimnisse über Geheimnisse und mitten drinnen 5 Freunde, welche versuchen diese zu lösen. Und dass obwohl sie selbst alle Geheimnisse hüten, von denen sie teilweise selbst nichts wissen. Die Geschichte und Charaktere lassen einen vom ersten Moment nicht mehr los. Wer in eine Welt voller mystischer Ereignisse eintauchen will, sollte sich diese Reihe auf keinen Fall entgehen lassen. Wahrsagen, rätselhafte Tätigkeiten und übersinnliche Rituale sind keine Seltenheit in Henrietta, und trotzdem sind sie immer wieder spannend, nicht nur für die Charaktere, sondern auch für die Lesenden.

In der „Raven Boys“-Reihe, der Fantasy-Autorin Maggie Stiefvater wird es übersinnlich: Gansey besucht die renommierte Jungenschule Aglionby Academy, deren SchülerInnen „Die Raven Boys“ genannt werden. Er und seine Freunde beschäftigen sich mit dem Mystischen und Rätselhaften. Sie treffen auf Blue, deren Mutter als Wahrsagerin arbeitet und ihrer Tochter eine schreckliche Prophezeiung ausgesprochen hat: Blue wird ihre große Liebe durch einen Kuss töten. Ist es vielleicht Gansey, dessen Tod sie am Vorabend des Markustages vorausgesehen hat? Blue begibt sich mit den vier Jungen auf eine geheime Quest, obwohl sie damit ihre beiden wichtigsten Regeln bricht:

  1. Halte dich von Jungs fern, die bringen nichts als Ärger.
  2. Halte dich vor allem von Aglionby Jungs fern, das sind alles Ärsche.

Leonie Dräger, Azubi 2. Lehrjahr

Medientipp Februar 2024

Elke Heidenreich: Frau Dr. Moormann & ich 

Verlag Hanser

Sie kann’s noch.

Das neue Buch von Elke Heidenreich hat mich eingekuschelt, mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und mir Mut gemacht. Es ist noch nicht alles verloren. Wir können jeden Tag unser Leben ändern und die Welt besser machen.

Frau Heidenreich hat eine Nachbarin, die nervt. Kennen wir alle. Den Nachbarn kann man schwer entkommen und sie stellt sich dieser Herausforderung. In kleinen Schritten, trotzig, leidenschaftlich, immer ehrlich und mit dem ihr eigenen Witz, knackt sie die Nuss.

Viel Spaß!

Britta Samulowitz