Bettina Wegner, geboren 1947 in Westberlin, aufgewachsen in Ostberlin, mit 36 Jahren gegen ihren Willen aus der DDR ausgebürgert. Seiher fühlt sie sich entwurzelt. Auf der Bühne immerhin ist sie bis heute zu Hause und überzeugt mit kraftvollem Gesang, Lebensklugheit und ungekünstelter Empathie für diejenigen, die unter die Räder der Zeitläufte geraten.
Sie selbst hat es mit erheblichem Kraftaufwand vermocht, den Kopf am Ende über Wasser zu halten - obwohl sie im Osten in Haft kam und lang anhaltener staatlicher Zermürbungspraxis ausgesetzt war. "Zersetzung" hieß das im Sprech des DDR-Geheimdienstes. Wer allzu aufrecht ging und ehrlich seine Meinung sagte, dem entzogen die Machthaber das bescheiden-kommode Leben, das die DDR auch zu bieten hatte: Es blieb den Opportunisten des Landes vorbehalten.
Im Westen hingegen begegnete Wegner nicht nur ihrer Zeitgenossin Joan Baez auf Augenhöhe, sondern auch einigem an Herablassung durch nassforsche Musik-Manager.
Wegener ist sie Zeit ihres Lebens bescheiden und zugewandt geblieben. Sie nimmt auch wahr, was sich jenseits der Sonnenseite abspielt.
Der Werdegang der Liedermacherin gehört zu den spannendsten Lebensläufen des 20. Jahrhunderts. Es ist der Weg von einem Kind, das Stalin glühend verehrte, über eine hoffnungsfrohe Teenagerin, die mit ihren eigenen Liedern eine bessere Gesellschaft mit bauen möchte, hin zu einer beseelten Künstlerin mit unerschütterlich humanistischer Haltung.
So heroisch das klingt, so irre und aberwitzig, mühevoll und traurig, so hingebungsvoll und vergeblich ist es in den vielen Dingen des Lebens, die zwischen den Liedern eine Biografie ausmachen. Davon erzählt Bettina Wegner, davon erzählt der Film.
Bettina Wegners Leben ist zugleich die Geschichte eines Jahrhunderts; es steckt in ihren Knochen, ihrer Seele, ihren Gedanken ¿ und in ihren Liedern. Ihr "Zehn Gebote"-Lied, mit dem der Regisseur durch den Film führt, ist stete Ermutigung, den aufrechten Gang nicht aufzugeben: "Zehn Gebote für mein Leben / als die letzten Waffen: Aufrecht steh'n wenn andre sitzen / Wind zu sein, wenn andre schwitzen / Lauter schrein, wenn andre schweigen / Beim Versteckspiel sich zu zeigen / Nie als andrer zu erscheinen..."
Die herausragende Filmbiografie dieser wahrhaftigen, lebensklugen und gänzlich uneitlen Künstlerin wurde hochverdient unter anderem ausgezeichnet mit dem FIPRESCI der Berlinale (Preis des internationalen Filmkritik-Verbandes) sowie dem CLIO, dem Potsdamer Preis für Filme mit historischem Bezug.
Ein im Film eingebetteter Archiv-Schatz verdient besondere Hervorhebung. Die 20jährige Bettina Wegner war gerade Mutter eines Sohnes geworden, als im August 1968 der Prager Frühling von Panzern des sowjetisch geführten Warschauer Paktes zergeschossen und zerquetscht wurde. Um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen, schrieb und verteilte Bettina Wegner Flugblätter und wurde prompt verhaftet. Ihr Verhör vor Gericht blieb wie durch ein Wunder bis heute erhalten.
Wegner antwortet den harten Fragen von Richterin und Staatsanwalt mit zarter Stimme. Sie versteckt sich nicht, sondern spricht mit einfacher und klarer Aufrichtigkeit. Eine Haltung, die Wegner sich bis heute bewahrt hat. Es ist die Quelle der Wahrhaftigkeit ihrer Kunst. Ihre Lieder wie auch ihr Zeitzeugnis sind unverschörkelt. Sie gehen direkt ins Herz und geben Kraft in dunklen Zeiten. Das macht Wegners Lieder und diesen Film hochaktuell für die Gegenwart.
Jahr:
2025
Verlag:
Potsdam, filmwerte GmbH
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Beschreibung:
1 Online-Ressource (107 min), Bild: 16:9 HD
Schlagwörter:
Film
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Sprache:
Deutsch
Mediengruppe:
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